Afrika

Jambo Dortmund

Fast 19.000 Menschen mit afrikanischen Wurzeln leben heute in Dortmund. Die überwiegende Mehrheit von ihnen stammt aus Nord- und Westafrika. Nur wenige kommen aus dem südlichen Teil des Kontinents. Ziel dieser Migrationsbewegungen sind vor allem englischsprachige Länder.

Die Gründe der Migration nach Europa, nach Deutschland und nach Dortmund sind vielfältig: Keinesfalls können die Ursachen auf Armut und Krieg reduziert werden. Besonders junge Afrikaner*innen kommen zum Studium nach Dortmund. Junge Frauen und Männer machen sich gleichermaßen auf den Weg – zumindest dann, wenn ihre Eltern ein kostspieliges Auslandsstudium finanzieren können. Andere haben bereits Verwandtschaft in Dortmund oder im Ruhrgebiet. Sie kommen im Rahmen des Familiennachzuges hierher.

Dennoch – nicht alle verlassen ihr Heimatland freiwillig. Die gesellschaftlichen und mentalen Hinterlassenschaften einer langen, oft brutalen kolonialen Vergangenheit zwingen viele Menschen zur Auswanderung: Festgefahrene soziale und religiöse Strukturen erlauben weder wirtschaftlichen Aufstieg noch ein selbstbestimmtes Leben. Krieg und Repressalien stellen eine Gefahr für Leib und Leben dar – von der Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen der Bevölkerung einmal ganz abgesehen.

Doch aus welchem Grund die Menschen auch nach Deutschland, nach Dortmund kommen – nicht selten folgt ein Kulturschock. Die Mentalität der Alteingesessenen stellt viele afrikanische Zuwanderer*innen vor Rätsel: Verschlossen, zurückhaltend, ja geradezu unfreundlich wirken sie auf die Meisten, die aus sehr viel offeneren und kommunikativeren Gesellschaften stammen. Anschluss finden gestaltet sich sehr schwer – so schwer, dass das ohnehin vorhandene Heimweh sich durchaus auch in eine Depression verstärken kann.

Und auch zu denjenigen, die bereits Jahre oder Jahrzehnte in Dortmund leben, ist die Mehrheitsgesellschaft nicht immer freundlich und fair: Überdurchschnittlich oft werden Menschen dunklerer Hautfarbe von der Polizei kontrolliert, in Geschäften unfreundlich behandelt oder auf der Straße beleidigt. Die stetige Reduzierung auf Anders-sein-als-die-Mehrheit stellt eine große seelische Belastung dar. Anschluss finden gestaltet sich sehr schwer – so schwer, dass das ohnehin vorhandene Heimweh sich durchaus auch in eine Depression verstärken kann. Und auch zu denjenigen, die bereits Jahre oder Jahrzehnte in Dortmund leben, ist die Mehrheitsgesellschaft nicht immer freundlich und fair: Überdurchschnittlich oft werden Menschen dunklerer Hautfarbe von der Polizei kontrolliert, in Geschäften unfreundlich behandelt oder auf der Straße beleidigt.

Besondere Schwierigkeiten mit dieser Art der Ausgrenzung haben die hier geborenen Kinder der afrikanischen Migrant*innen. Sie identifizieren sich stark mit ihrer Heimatstadt Dortmund und ihrem Heimatland Deutschland. Zumeist gibt es keine so enge Bindung zur Heimat ihrer Eltern, wie diese sie empfinden.

Die stetige Wahrnehmung der hier Geborenen als „Andere“ und „Fremde“, gepaart mit einem Misstrauen, das ihnen aus der Mehrheitsgesellschaft entgegenschlägt, erfüllt sie mit Unverständnis, Trauer und manchmal Wut. Ein „Wir-Gefühl“ und gegenseitige Akzeptanz kann so nicht entstehen. Die Bildung eines gesamtgesellschaftlichen Zusammenhaltes wird erschwert oder sogar verhindert.

Dennoch, in Dortmund gibt es viele Beispiele, die zeigen, wie gut das Miteinander von Alteingesessenen und afrikanischen Dortmunder*innen funktionieren kann: In Vereinen und Bündnissen arbeitet man zusammen, diskutiert, organisiert Ausstellungen, Konzerte oder stellt Firmenkontakte her. Ein besonderes Highlight dabei ist seit 2010 das jährliche „Afro Ruhr Festival“, bei dem neben tänzerischen und kulinarischen Besonderheiten auch Diskussionsrunden und Workshops auf dem Programm stehen. Organisiert wird das Festival vom gemeinnützigen Verein „Africa Positive“. Der sehr aktive und mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnete Verein hat sich auf die Fahnen geschrieben, das Afrikabild in Deutschland zu verändern: Afrika ist mehr als ein Kontinent der Krisen – viel mehr ist er ein Kontinent der Chancen und Potenziale, so wie die afrikanische Community in Dortmund eine Chance für die Stadt ist.


Quellen:
Gespräch mit Veye Tatah (Africa Positive e.V.)
Samen, Moris: Migration oder die Folgen jahrelanger kolonialer Gehirnwäsche?, in: Africa Positive Nr. 76 (2020), S. 34.
Stille, Claus-Dieter: 10. Afro Ruhr Festival 2019, in: Africa Positive Nr. 74 (2019), S. 48-49.
RKI (Hg.): Mapping afrikanischer Communities in Deutschland. Eine Analyse von Daten des Statistischen Bundesamtes, Berlin 2012.
Kagermeier, Andreas: Marrokanische Migration nach Deutschland. Charakteristika und Perspektiven, 2004. Online: https://www.researchgate.net/publication/259852686_Marokkanische_Migration_nach_Deutschland_Charakteristika_und_Perspektiven (abgerufen am 10.6.2020).
https://www.africa-positive.de/ (abgerufen am 10.6.2020)
https://afroruhr.africa-positive.de/ (abgerufen am 10.6.2020)