Libanon

Marhaba Dortmund

Auslöser für die Migration libanesischer Familien nach Deutschland und ins Ruhrgebiet war der Bürgerkrieg, der zwischen 1975 und 1990 im Libanon herrschte. Christliche und islamische Milizen, Parteien und Interessensgruppen standen sich gegenüber. Interventionen aus verschiedenen Ländern, die eigene Interessen verfolgten, verschlimmerten die Lage noch.

Die Flucht nach Westdeutschland glückte den meisten über die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin. Diese wurde von westlicher Seite aus nicht kontrolliert, da die Bundesrepublik Ostberlin nicht als Hauptstadt der DDR anerkannte. In Deutschland war man mit der zu diesem Zeitpunkt neuen Flüchtlingssituation vollkommen überfordert. Asyl gab es bis dato lediglich für politisch verfolgte Einzelpersonen, jedoch nicht für ganze Gruppen, die aus Kriegsgebieten flohen. In ihrer Überforderung beschloss die damalige Bundesregierung eine massive Verschärfung der Asylbedingungen, um die Menschen davon abzuhalten, sich überhaupt auf den Weg nach Deutschland zu machen. Man verbot Asylsuchenden zu arbeiten. Zunächst im ersten Jahr nach ihrer Ankunft, dann in den ersten zwei und schließlich in den ersten fünf Jahren. Jugendliche mit Schulabschluss durften weder eine Ausbildung machen noch studieren und für Kinder hob man die Schulpflicht auf. Des Weiteren wurde eine Unterbringung in Sammelunterkünften vorgeschrieben. Mit all diesen Maßnahmen drängte man die Geflüchteten komplett an den gesellschaftlichen Rand. Eine Teilhabe am deutschen Alltag war so gut wie ausgeschlossen, die aufgehobene Schulpflicht sorgte außerdem für eine große Zahl von Analphabeten unter den Flüchtlingen. Die patriarchalischen Familien- und Clanstrukturen, die schon im Libanon vorgeherrscht hatten, wurden in den deutschen Lagern weiter beibehalten. Familie und Clan boten Schutz, Zusammenhalt und Heimat in der Fremde. Staatliche Autoritäten wurden nicht anerkannt.

In den 1990er Jahren wurden schließlich viele der geflüchteten Libanes*innen eingebürgert. Doch eine Integration in die Mehrheitsgesellschaft, zu der sie nie gehören durften, fand nicht statt. Die Clanstrukturen bestehen bis heute. Vor diesem Hintergrund ist die erfolgreiche Integration von Menschen mit libanesischem Migrationshintergrund als große soziale und gesellschaftliche Leistung jedes Einzelnen zu bewerten.


Quellen:
Wullkopf, Frank: Die Macht der Milizen. Der Bürgerkrieg im Libanon zwischen 1975 und 1990, in: Wissenschaft und Frieden 1997 (3).

Ghadban, Ralf: Sind die Libanon-Flüchtlinge noch zu integrieren? Vortrag in der Alten Synagoge Essen am 26.2.2008.

Althoff, Martina: Die soziale Konstruktion von Fremdenfeindlichkeit, Wiesbaden 1998.